Chronik
Als sich die Chorgemeinschaft am 5. 2. 1926 (s. Gründungsprotokoll) unter dem Namen Männergesangverein "Liedertafel" gründete, war der Boden für eine Chorarbeit in Verl bereits gut vorbereitet. Aloys Schröder, der als eigentlicher Initiator des Chores genannt werden muss, war als junger Beamtenanwärter Anfang der 20er Jahre nach Telgte gegangen. Dort hatte er unter dem damaligen Kreischormeister Ferdinand Cluesmann im Männerchor gesungen. Als Aloys Schröder nach Verl zurückkam, übertrug er seine Begeisterung für den Chorgesang auf seinen Bekanntenkreis. So konnte im Jahre 1922 der Männergesangverein "Sangeslust Bornholte" gegründet werden. Chorleiter wurde Willi Lobmeyer, der damals beim Amt Verl beschäftigt war. Erster Vorsitzender des Chores wurde Otto Landwehrjohann. Als monatl. Mitgliedsbeitrag wurde der Preis für eine Flasche Bier erhoben. Nur so war es möglich, den Vereinsbeitrag der damaligen Geldinflation anzupassen.
Die junge Chorgemeinschaft, die wöchentlich in der Gastwirtschaft Schulte (heute Bischoff) probte, beschränkte ihre Arbeit nicht nur auf den reinen Chorgesang. Der Chor studierte schon bald nach der Gründung auch Theaterstücke ein. In der Gastwirtschaft Schulte waren jedoch die Räumlichkeiten beengt. Es stand nur ein größeres Zimmer zur Verfügung, in dem die Akustik zu wünschen übrig ließ. Deshalb mussten die Theatervorstellungen (ab 1923) im Dorf Verl aufgeführt werden. Dies geschah in dem Saale der Gaststätte Clasbrummel-Hunke, die übrigens von 1926 bis 1971 Vereinslokal des MGV "Liedertafel" war. Heutiges Vereinslokal ist das Deutsche Haus in Verl.
Auslöser für die Gründung des MGV Liedertafel war nicht zuletzt die Aufführung des Theaterstücks "Wiltrup's Hoff" unter dem damals in Bornholte tätigen Lehrer Ernst Meurin. Viele der Mitwirkenden kamen aus dem Dorf. So blieb es nicht aus, dass man sich immer öfter nicht in Bornholte, sondern in Verl traf. Während der vielen Proben zu diesem Theaterstück wurde von den Mitwirkenden der Wunsch laut, das Vereinslokal von Bornholte nach Verl zu verlegen .
Die damaligen jungen Leute um Aloys Schröder hatten auch wohl erkannt, dass der Chor im Dorfe die besseren Entwicklungschancen hatte.
So traf man sich am 5.2.1926 in der Gaststätte Clasbrummel-Hunke. Erschienen waren 26 Personen, von denen sich 25 als Mitglieder aufnehmen ließen. Der Verein erhielt den Namen "Männergesangverein Liedertafel".
In diesem Zusammenhang muss aber auch erwähnt werden, dass die "Sangeslust Bornholte" nicht der erste Chor im heutigen Verl war. Es bestand bereits seit 1876 in Verl ein Männergesangverein. Das älteste Dokument von diesem Chor, das aufgefunden werden konnte, ist das Programm zum Stiftungsfest im Jahre 1884. Ein noch vorhandenes Protokollbuch, das mit dem 6.3.1906 beginnt, zeigt, wie sehr der Chor unter den Einwirkungen des ersten Weltkrieges gelitten hat. Von 1914 an ist keine Vereinstätigkeit mehr festzustellen. Erst 1924, als also schon die "Sangeslust Bornholte" bestand, wurde ein neuer Versuch unternommen, den alten Verler Männergesangverein wieder ins Leben zu rufen. Dieser Versuch schlug jedoch fehl, da sich der junge Nachwuchs dem alten Verein nicht mehr zur Verfügung stellte. Das Protokollbuch des alten Männerchores endet mit dem 7.10.1924.
Der Chorgesang in Verl wird also nicht erst seit 75, sondern bereits seit 125 Jahren gepflegt. Letztlich muss man auch einen Zusammenhang sehen zwischen dem alten Verler Männergesangverein, der" Sangeslust Bornholte" und der "Liedertafel".
Die Mitglieder des alten Verler Männergesangvereins, die sich wegen ihres Alters nicht mehr in die Reihen der Aktiven stellen konnten, traten fast restlos als Förderer der "Liedertafel" bei und verschafften ihr dadurch die Mittel für eine erfolgreiche Arbeit.
Bei der Gründung am 5.2.1926 wurde der erste Vorstand wie folgt gewählt:
Vorsitzender Johann Holzmeier
Dirigent Aloys Schröder
Schriftführer Fritz Schwirblies
Kassierer Heinrich Amediek
Notenwart Conrad Sievers
Am 24.10.1926 gab die "Liedertafel" ihr erstes Konzert. Dem folgte als weitere bedeutende Veranstaltung der nächstfolgenden Jahre am 25.9.1929 ein großes Sängerfest in der Schützenhalle mit über 200 auswärtigen Sängern.
Am 12.9.1926 trat der Verein dem Deutschen Sängerbund bei. Die Mitgliederbewegung den ersten Jahren nach der Gründung des Vereins sieht wie folgt aus:
Gründung: 25 aktive Mitglieder
1927 32 aktive und 12 passive Mitglieder
1935 43 aktive und 47 passive Mitglieder
1937 48 aktive und 96 passive Mitglieder
1940 37 aktive und 111 passive Mitglieder
Zum inzwischen ausgebrochenen Zweiten Weltkrieg wurden auch immer mehr Sänger einberufen. Nachdem bereits 18 Sänger zum Wehrdienst gerufen waren und auch der Dirigent Aloys Schröder eingezogen wurde, musste am 14.10.1942 die Probenarbeit eingestellt werden. Dennoch war ein guter Zusammenhalt unter den Chormitgliedern und deren Angehörigen auszumachen. In den zumeist monatlichen Zusammenkünften wurden den im Kriege weilenden Sangesbrüdern Grüße aus der Heimat übersandt. Zu Weihnachten wurden Pakete verschickt.
Nach dem Zusammenbruch wurde die "Liedertafel" als erster Verein im Ort wieder aktiv. Bereits am 9.9.1945 wurde die Probenarbeit wieder aufgenommen. 1946 hatte der Verein einschließlich der noch in Gefangenschaft weilenden und beurlaubten Sänger 51 aktive und 102 passive Mitglieder. Es würde zu weit führen, auf alle Ereignisse während des 75jährigen Bestehens der "Liedertafel" einzugehen. Nicht unerwähnt bleiben dürfen jedoch einige wesentliche markante Punkte im weiteren Vereinsgeschehen. So die Veranstaltungen zum 10jährigen Bestehen und zum 25- und 50jährigen Jubiläum.
Anlässlich des 10jährigen Bestehens wurde übrigens auch die Vereinsfahne eingeweiht, die dank eines glücklichen Umstandes heute noch erhalten ist. Der langjährige Vorsitzende Hubert Hermwille hatte bereits in den Anfangsjahren einen Notenschrank mit "Geheimfach" geschreinert. Dieses "Geheimfach" ist von den Besatzungstruppen nicht entdeckt worden. Während fast alle wertvollen Vereinsfahnen nach Übersee gegangen sind, ist die Fahne des MGV Liedertafel" heute noch in der ursprünglichen Form erhalten. Sie wird geschmückt von vielen Erinnerungsplaketten, so von den Bundessängerfesten, die von den Mitgliedern der Liedertafel immer gern besucht worden sind.
Herausgehoben werden muss auch die stetige Bereitschaft der "Liedertafel" zur Zusammenarbeit mit anderen Chören. Diese zieht sich wie ein roter Faden durch die Vereinsgeschichte. Bereits beim ersten Konzert am 24.10.1926 wirkte der Männergesangverein Telgte mit. Immer wieder hat die "Liedertafel" den Kontakt mit anderen Chören gesucht. Über 14 Jahre lang hat die "Liedertafel" die Federführung im so genannten "Kleinen Sängerkreis" ausgeübt. Der "Kleine Sängerkreis", der auf Initiative der "Liedertafel" entstand, war ein loser Zusammenschluss mehrerer benachbarter Chöre, dem neben der "Liedertafel" zuletzt noch der Frauenchor Verl, der gemischte Chor Spexard und die Männerchöre Kaunitz, Neuenkirchen und Schloß Holte angehörten. Von 1958 bis 1972 hat diese Chorgemeinschaft bestanden.
Es wurde jährlich ein Chorkonzert, verbunden mit einem Sängerfest, durchgeführt. Letztlich musste diese Zusammenarbeit leider aufgegeben werden, weil die Kosten für die jährlichen Veranstaltungen in keinem Verhältnis mehr zum Reinerlös standen.
Hervorgehoben werden muss die 50jährige Zusammenarbeit mit dem Frauenchor Verl. In den jährlichen Chorkonzerten der "Liedertafel" waren die Liedvorträge des Frauenchores, vor allem aber die Möglichkeit, gemischtchörig zu singen, eine echte Bereicherung.
In der langjährigen Geschichte des MGV waren folgende Personen für die musikalische Ausrichtung des Chores verantwortlich:
1926-1953 Aloys Schröder
1953-1967 Paul Went
1967-1973 Josef Siggemann
1973-1979 Walther Adam
1979-1997 Josef Siggemann
1997-1999 Knut Peters
2000-2002 Meinolf Strieker
2002-2013 Markus Koch
seit 2014 Erika Brause
Aloys Schröder, der sich mit Leib und Seele der "Liedertafel" verschrieben hatte, leitete den Chor als Dirigent von der Gründung an 27 Jahre lang. Paul Went erweiterte das Repertoire des Chores als gleichzeitiger Leiter des Frauenchores um Chorliteratur aus dem Bereich der Oper und Operette und vertiefte somit auch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Verler Chören.
Auf eine 30jährige Chorleitertätigkeit kann Josef Siggemann verweisen, der 1997 vom Sängerkreis für diese Arbeit geehrt wurde. (In der Zeit von 1973 bis 1979 war er stellvertretender Dirigent)
Mit Walther Adam übernahm 1973 ein Dirigent den Chor, der in der Zusammenarbeit mit dem von ihm geleiteten Singkreis den Schwerpunkt auf die Pflege des Volksliedes und internationaler Folklore legte. Viele der Chorsätze kamen aus seiner Feder. Unter Knut Peters wurden in Zusammenarbeit mit anderen Chören und dem Orchester "Vier Jahreszeiten" große Chorwerke erarbeitet und mit durchschlagendem Erfolg aufgeführt. Im Herbst des Jahres 2000 übernahm nun Meinolf Strieker den Chor, der von Josef Siggemann in diese Arbeit eingeführt wurde. Er studierte noch an der Hochschule für Musik in Detmold.
Ab 2002 übernahm Markus Koch den Chor, dessen erste große Aufgabe in der musikalischen Leitung der Chorreise nach Tschechien bestand. Mit einem gelungenen Herbstkonzert am Sonntag, den 06. Oktober 2013 im pädagogischen Zentrum Verl, an dem mehrere Chöre beteiligt waren, beendete Markus Koch auf eigenen Wunsch nach zwölf Jahren seine erfolgreiche Chorleitertätigkeit.
Ihm folgte nach intensiver Suche Erika Brause aus Detmold. Sie ist Sopranistin und Diplom Musikpädagogin. Zur Zeit ist sie Lehrkraft an der Schule für Musik & Kunst in Gütersloh und leitet seit 2014 unseren Männergesangverein „Liedertafel“ Verl.